Ernst Wilhelm Arnoldi wurde am 21. Mai 1778 als erstes von neun Kindern des Gothaer Ratsherrn Ernst Friedrich Arnoldi und seiner Frau Sabine Elisabethe geb. Krehl geboren, sein Geburtshaus steht in Gotha am unteren Hauptmarkt. Sein Vater betrieb in Gotha ein „Colonial‑, Farben- und Victualiengeschäft“. Mit 16 Jahren schickte ihn sein Vater in die Hansestadt Hamburg in die kaufmännische Lehre. Dort wurde ihm eine hervorragende praktische und theoretische Ausbildung in der Handelsakademie des Johann Georg Büsch vermittelt. Nach deren Beendigung blieb er noch in Hamburg bis zu seinem 21. Lebensjahr.
Nach seiner Rückkehr 1799 trat er 1803 als Teilhaber in das väterliche Geschäft ein, das er 1813 als Seniorchef übernahm. 1808 heiratete er Johanna Wilhelmine Rosina Cronrath aus Weimar (geb. 26.2.1790 in Neuwied/Rh., gest. 15.5.1823 in Gotha), sie hatten zusammen drei Söhne und eine Tochter. Nach dem Tod von Wilhelmine heiratete Arnoldi 1825 die Gothaerin Christiane Rosenberg; diese Ehe blieb kinderlos.
Neben vielfältigen unternehmerischen Aktivitäten gründete er 1817 am Gothaer Hauptmarkt die „Innungshalle“ als geistigen und geselligen Mittelpunkt der Gothaer Kaufmannschaft. In Verbindung damit entstand 1818 dort auch deren Handelsschule, die zur ersten deutschen Handelsschule für kaufmännische Lehrlinge wurde.
Ernst Wilhelm Arnoldi gilt zwar als „Vater des deutschen Versicherungswesens“, jedoch gab es schon vor seinen Gründungen in Deutschland Versicherungsunternehmen der verschiedensten Art, wie z.B. die Mecklenburgische Versicherungs-Gesellschaft a.G. (1797) oder als älteste Aktiengesellschaft die Leipziger Feuer-Versicherungs-Anstalt, die heutige Alte Leipziger Versicherungs-Aktiengesellschaft (1819).
Geprägt von persönlichen Erfahrungen beim Brand der väterlichen Tabakfabrik und der nicht besonders kulanten Behandlung durch die Londoner Phönix Versicherung arbeitete Arnoldi 1819 „Vorschläge zur Errichtung einer Feuerversicherungsbank für kaufmännische Waarenlager, Kaufmannshäuser und Mobiliare derselben“ aus, die von 16 Gothaer Handelshäusern unterschrieben und am 2. September 1819 im Allgemeinen Anzeiger veröffentlicht wurden. Als am 2. Juli 1820 in Gotha der „Plan der Feuer-Versicherungs-Bank für den deutschen Handelsstand“ einschließlich einer dazugehörigen Satzung beschlossen wurde, war dies auch der Gründungstag der Gothaer Versicherungsbank, die nach Gothaer Recht nicht weiter staatlich genehmigt oder eingetragen werden musste. Die neue Gesellschaft war auch an den Grundprinzipien ausgerichtet, die Arnoldi bereits 1817 veröffentlichte: den Gedanken der Gegenseitigkeit und der Ausdehnung der Gesellschaft auf das damals in viele größere und kleinere Staaten zersplitterte Deutschland.
Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg-Gotha genehmigte darüber hinaus für eine Lebensversicherungsbank am 9. Juli 1827 die öffentliche Bekanntmachung des Planes und zu gegebener Zeit die Errichtung einer solchen Versicherung, ebenfalls auf der Basis eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Arnoldi zog zur Gründung dieser Gesellschaft namhafte Fachleute aus dem versicherungstechnischen, medizinischen und mathematischen Bereich mit heran. Zu diesen als „sieben Weise“ bezeichneten Beratern gehörten Kammerrat von Braun, Medizinalrat Dr. Buddeus, Konsistorialrat Freytag, Schulrat Dr. Rost, Regierungsrat Stieler, Kammerkonsulent Thienemann sowie Schulinspektor Waitz. Die Lebensversicherungsbank nahm am 1. Juli 1829 im Wohnhaus Arnoldis am Oberen Hauptmarkt in Gotha mit fünf Mitarbeitern ihren Geschäftsbetrieb auf.
Arnoldi war aber nicht nur Kaufmann und Gründer der Feuer- und Lebensversicherungsbanken, sondern auch Fabrikant. Farbholzfabrik, Steingutfabrik, Zuckerfabrik und für mehrere Jahre in Pacht auch eine Porzellanfabrik gehörten zu seinen unternehmerischen Schöpfungen.
Aus diesem Interesse heraus war er auch maßgeblich am Zustandekommen einer deutschen Zollvereinigung beteiligt. Bereits 1812 publizierte er in dem „Allgemeinen Anzeiger der Deutschen“ Gedanken zu Einheit und Freiheit als die zu lösenden der deutschen Probleme. Diese von dem Gothaer Rudolph Zacharias Becker herausgegebene Zeitung galt deutschlandweit als aufklärerisches Informations- und Diskussionsforum. Hier konnte sich Arnoldi mehrfach zur Überwindung der zahllosen Zoll- und Mautbestimmungen in Deutschland äußern. Als 1833 ein „Allgemeiner deutscher Zollverein“ geschaffen wurde, schrieb er: „Es ist …eine Reformation, deren segensreiche Wirkungen außer dem Gesichtskreise der Gegenwart liegen“ (zitiert nach Erkenbrecher 1995, S. 81).
Öffentlich wirksame Aktivitäten zeigte Arnoldi aber auch auf vielen anderen Gebieten. Zur Überbrückung von Missernten 1816/17 beschaffte er uneigennützig russisches Getreide. 1817 setzte er sich für eine Verbesserung der Brauqualität des Gothaer Bieres ein. 1834 stellte er 1.500 Taler zur Gründung eines Realgymnasiums zur Verfügung, das mathematisches, naturwissenschaftliches und technisches Wissen vermitteln sollte und 1836 eröffnet wurde. 1859 erfolgte die Vereinigung dieser Schule mit dem bereits seit 1524 bestehenden (humanistischen) Gymnasium illustre zum „Gymnasium Ernestinum Gothae“.
Er war schließlich beteiligt bei der Errichtung eines „Rettungskorps für Brandschadenfälle“, an einer Gesellschaft zur Schaffung eines Schauspielhauses, bei der Gründung einer Sparkasse auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, an der Errichtung eines Löfflerdenkmals und beim Erwerb eines Altarbildes von Emil Jacobs für die Augustinerkirche. Herzog Ernst berief Arnoldi 1826 in die „Landeswohlfahrts-Commission“, und von 1832 bis 1835 sowie von 1838 bis 1841 war er auch Mitglied des Stadtrates in Gotha.
Neben all dem fand Arnoldi auch noch Zeit, seine poetischen Fähigkeiten auszuleben. Wichtige Ereignisse in der Familie und im Freundeskreis begleitete er offenbar mit Hunderten von Gedichten und Sinnsprüchen. Bekannt geworden sind beispielsweise die Strophen an seine künftige Frau Wilhelmine, die er 1806 verfasste (zitiert nach Emminghaus 1877, S. 316):
„Verzeih’, o Freundin, wenn ich liebend wage,
Da, wo des Frühlings Veilchen noch nicht blühen,
‘Zwei Nelken, die im strengen Winter glühen,
Dir darzubringen mit der leisen Frage:
Wird, wenn die Zeit der Rosen sich uns nahet,
Auch mir der Hoffnung Rose sich entfalten?
Darf ich aus Rosen Dir den Kranz dann winden?
Wie glücklich ich, wenn dies Dein Blick bejahet!
Wie schön wird dann das Leben sich gestalten,
Denn Rosenketten werden uns verbinden!“
Oder zum Tode eines Freundes:
„Ihm war das Leben nur ein Weg zum Ziel,
Zum höchsten, das ein Edler sich erstrebet.
Zum Ziel der Tugend! Und des Segens viel
Trägt seine Spur! Sie zeugt, dass er gelebet.“
Am 27. Mai 1841 verstarb Arnoldi nach kurzer Krankheit in seinem Wohnhaus am oberen Hauptmarkt. Sein Wahlspruch „Für andere leben heißt sich selber leben“ spiegelt sich in einem erfüllten Wirken wider, das ihn zu einem der größten Söhne Gothas werden ließ.
Literatur:
- Emminghaus, Arwed (Hrsg.), Geschichte der Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha zur Feier der fünfzigsten Wiederkehr des Tages der Begründung der Bank. Hermann Böhlau, Weimar 1877
- Erkenbrecher, Hans, Ernst Wilhelm Arnoldi 1778–1841. Gründer der Gothaer Versicherungsbanken. Eine Biographie. Gothaer Versicherungen Köln/Göttingen 1995
- Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Thüringen, Blätter zur Landeskunde Nr. 52. Erfurt 2004
- Samwer, Karl (Hrsg.), Hundert Jahre Gothaer Lebensversicherungsbank auf Gegenseitigkeit
1827–1927. Eine Festschrift. Verlag der Engelhard-Reyherschen Hofbuchdruckerei, Gotha 1927
- Schneider, Gottlob, Gothaer Gedenkbuch. Des Gothaer Wegweisers dritte umgearbeitete und vermehrte Auflage. Stollbergsche Verlagsbuchhandlung, Gotha 1906
© Horst Gröner (2010)