Am 18. Mai 2020 erhielt Gotha sein drittes Arnoldi-Denkmal. Um 18 Uhr wurde vor dem Deutschen Versicherungsmuseum Ernst Wilhelm Arnoldi auf Initiative von Horst Gröner, dem Vorsitzendem des Museums-Fördervereins, die von Göttingen nach Gotha geholte Stele mit der Büste Arnoldis enthüllt.
Am Rand steht die schlichte Inschrift „Hoene München“. Der Bildhauer Max Hoene ist in Gotha kein Unbekannter, er ist der Schöpfer des seit 1909 unterhalb des Teeschlösschens stehenden Petermann-Denkmals. Weniger bekannt ist, dass er auch einen direkten Bezug zur Residenzstadt hatte.
Laut dem Künstlerlexikon von Thieme-Becker aus dem Jahr 1924 wurde er am 22. Dezember 1884 als Sohn des Kaufmanns Emil Hoene und und seiner Frau Auguste, geborene Zapf, in Rudolstadt geboren. Dies steht jedoch ebenso wenig im Lexikon wie die Tatsache, dass er das Gothaer Gymnasium Ernestinum besucht und dort 1903 das Abitur abgelegt hat.
Warum es den 17-Jährigen mit seiner inzwischen verwitweten Mutter nach Gotha verschlagen hatte, bleibt offen. Fakt ist, dass Auguste Hoene 1901 das Haus in der Rondelstraße 4 (jetzt Bebelstraße 8) kaufte. 1908 erwarb Bäckermeister Armin Schippel das Anwesen und richtete darin eine Bäckerei und Konditorei ein. An dieser Nutzung hat sich nichts geändert, dort findet sich heute das „Café Suzette“.
Max Hoene hatte sich im Mai 1903 an der Akademie der Bildenden Künste in München im Fach Bildhauerei immatrikuliert. Er wurde Schüler beim Bildhauer Wilhelm von Rümann (1850–1906) und bildete sich auf Reisen sowie durch einen längeren Aufenthalt in Rom fort. Eine erste größere Ausstellung seiner Werke gab es 1908 in Gotha – wahrscheinlich in der neuen Herzoglichen Ausstellungshalle am Siebleber Wall –, worüber die „Gothaische Zeitung“ am 4. Juni berichtete.
Ein Jahr später schuf er das Denkmal für den Geographen und Kartographen August Petermann (1822–1878). Im Januar 1907 hatte die Gothaer Geographische Anstalt Justus Perthes einen diesbezüglichen Aufruf an die Deutschen Geographischen Gesellschaften gestartet. Bis zum 25. September 1908, dem 30. Todestag Petermanns, gingen 1010 Mark sowie umgerechnet 188,46 Mark aus Österreich ein.
Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha stellte durch das Hausmarschallamt den „stimmungsvollen“ Platz im Park vor dem Teeschlösschen „unweit der Stätte seiner Lebensarbeit“ zur Verfügung. Die Grundsteinlegung für das bereits wenige Tage später enthüllte Denkmal fand am 13. September 1909 statt. Nachdem es 1945 durch eine in der Nähe explodierte Bombe umgefallen war, wurde es sofort nach Kriegsende wieder aufgestellt. Der daran vorbei führende Parkweg erhielt am 30. September 1998 den Namen August-Petermann-Weg.
Ebenfalls 1909 heiratete Max Hoene in seiner Wahlheimat München die Pianistin Luise Gerlach. Der Sohn Christian Friedrich wurde 1914 geboren. Er wuchs zeitweilig ohne seinen Vater auf, der im Ersten Weltkrieg an der Westfront war.
Hoene schuf neben Grab- und Kriegsdenkmälern sowie künstlerischen Innenausstattungen auch Porträts bekannter Persönlichkeiten, unter anderem seines 1910 verstorbenen Gymnasialdirektors Albert von Bamberg. Seine Werke erschienen seit 1913 regelmäßig auf der Münchner Sezession, aber auch 1921 auf der Dresdner Kunstausstellung.
„H.s großlinig komponierender Stil kommt bes. glücklich in seinen zahlreichem Reliefs zur Wirkung“, hieß es 1924 lobend im Künstlerlexikon. Erwähnt wird unter anderem das Marmorrelief seiner Frau. Max Hoene war bis April 1933 Vorsitzender des Reichsverbandes bildender Künstler Deutschlands und Mitglied des Reichswirtschaftsrates.
Der inzwischen zum Professor ernannte, 73-jährige Bildhauer schuf 1958 im Auftrag der 1946 von Gotha nach Göttingen verlegten Gothaer Lebensversicherungsbank ein Denkmal mit der Büste des Versicherungsgründers Ernst Wilhelm Arnoldi, das vor der Hauptverwaltung zusammen mit einem Gedenkstein Aufstellung fand. Später wurde es jedoch in den dahinter gelegenen Park umgesetzt.
Der Schöpfer dieses Denkmals war am 19. Mai 1965 in München gestorben. Sein Göttinger Denkmal wäre wegen umfangreicher Abriss- und Neubauarbeiten auf dem ehemaligen Gelände der Gothaer Versicherungen beinahe entsorgt worden, wenn nicht Mitarbeiter dieser Versicherungen das Versicherungsmuseum in Gotha rechtzeitig informiert hätten. Anfang März konnte es mit Hilfe des Gothaer Steinmetzbetriebes Frank Ehmig geborgen und nach Gotha transportiert werden. Dort wurde es von Ehmig am 14. Mai 2020 an seinem neuen Standort aufgerichtet. Am 18. Mai 2020, dem Vorabend des 55. Todestages von Max Hoene, fand die Wiedereinweihung in der Gothaer Bahnhofstraße vor dem Deutschen Versicherungsmuseum statt.
Literatur:
Degener, Hermann A. L.: Wer ist’s? X. Ausgabe (1935), S. 695
Deutscher Wirtsschaftsverlag (Hrsg.): Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft: Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild, Bd. 1 (Berlin 1931), S. 774
Gothaer Lebensversicherung a.G. (Hrsg.): Verpflichtung und Leistung. Gothaer Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit, 1827–1977. Göttingen 1977
Thieme-Becker: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Bd. 17 (1924), S. 208 f.
Vollmer, Hans: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, Bd. 2 (1955), S. 459
© Matthias Wenzel (2020)